Aachen Sozial Interview mit dem Preisträger 2018, Hans-Joachim Geupel, Vorstandsvorsitzender der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen
Das Interview führte: Marita Jansen
PR & Öffentlichkeitsarbeit Bürgerstiftung Lebensraum Aachen
04.05.2018
- MJ: Herr Geupel, wie fühlt man sich, wenn man erfährt, dass man als Preisträger eines solch renommierten Aachener Preises ausgewählt wurde?
H-JG: Zuerst war ich sehr überrascht. Bald entwickelten sich erste Ideen, was dieser ehrenvolle Preis mit mir persönlich und der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen zu tun haben könnte. Jetzt freue ich mich sehr für unsere Stiftung und bin persönlich stolz über diese Ehrung. Eine große Wertschätzung empfinde ich auch für „Aachen Sozial e.V“, der mit diesem Preis das bürgerschaftliche Engagement ehrt und ins Licht der Öffentlichkeit bringt. Ich sehe mich auch stellvertretend für die vielen anderen Vereine, in denen großartige ehrenamtliche Arbeit geleistet wird.
- MJ: Seit wann sind Sie bei der Bürgerstiftung? Und warum haben Sie diese für Ihr ehrenamtliches Engagement ausgewählt?
H-JG: Ich bin seit 2005 dabei. Ich bin also einer der Gründungstifter, habe aber auch schon im Vorläuferverein mitgearbeitet. Dort habe ich die Finanzen verantwortet. Schließlich mussten vor Gründung der Stiftung mindestens 50. 000 Euro als Stiftungskapital aufgebracht werden. Ich habe die Bürgerstiftung Lebensraum Aachen für mein ehrenamtliches Engagement ausgewählt, weil mich der Gedanke für bürgerschaftliches Engagement faszinierte. Ich gehöre zu der Gruppe Menschen, die durch persönlichen Einsatz der Gemeinschaft, der wir so viel zu verdanken haben, etwas zurückgeben wollen.
- MJ: Wie hat sich die Bürgerstiftung in den letzten Jahren entwickelt?
Worauf haben Sie als Vorsitzender den Fokus gelegt?
H-JG: Die Bürgerstiftung Lebensraum Aachen hat sich in den letzten Jahren sehr intensiv entwickelt. Sehr viele Menschen haben unsere Organisation als Heimat für persönliches Engagement entdeckt. Das bezieht sich sehr auf die Projekte „Willkommen für Geflüchtete“, „Offenes Aachen!“ und „Thermalwasser“ sowie die Aktivitäten für den Frieden in unserer Welt. Als Vorsitzender des Vorstandes der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen bin ich ständig auf der Suche nach Menschen, die Lust haben, sich ehrenamtlich zu engagieren oder sich finanziell für unsere Projekte und auch die Bürgerstiftung allgemein einzusetzen. Ich bin überzeugt, dass es in Aachen und Umgebung viele Menschen gibt, die sich nach Engagement sehnen, denen aber die Hürde zu hoch ist, einen eigenen Förderverein zu gründen. Diese sind bei uns herzlich willkommen. Bitte nehmen Sie Kontakt zu uns auf mit ihrer eigenen Projektidee.
- MJ: Welche Spannbreite an Themen deckt die Bürgerstiftung ab?
Können Sie einige Projekte beispielhaft skizzieren?
H-JG: Die Spannbreite der Themen, mit denen sich die Bürgerstiftung beschäftigt, ist bewusst weit gesteckt.
Wir haben sie in unsern 9 Stiftungszielen festgehalten. Diese zeichnen einen breiten Spannungsbogen von Bildung und Erziehung über Kunst und Kultur, Umwelt und Naturschutz bis zu Völkerverständigung und Integration und weit darüber hinaus. Sie decken das Spannungs- und Lebensfeld ab, in dem Menschen agieren. Innerhalb dieser Stiftungsziele wird bestimmt jeder Inhalte finden, für die er sich interessiert und begeistern kann.
Ein Projekt neben vielen, das mir besonders am Herzen liegt, und schon ganz am Anfang entwickelt wurde, ist das Projekt „Lebensbaum“.
Hier wird eine Patenschaft zwischen einem neugeborenen Aachener Bürger und einem neugepflanzten Obstbaum begründet. Es ist auf lange Zeiten hin angelegt und damit sehr nachhaltig. Es macht den Familien Spaß, diese Patenschaft zu nutzen. Stichworte sind hier: Blütenfeste, Geburtstagsfeste, Erntefeste, Baumschnitt, Versaftung der Ernte etc. Die Bürgerstiftung organisiert, in Kooperation mit vielen anderen, Pflanzflächen, Bäume und die Pflege der Anlagen. Über 200 solcher Patenschaften sind begründet worden und es gibt immer wieder neue Anfragen.
Aber auch im Seniorenbereich sind wir von Anfang an aktiv. So gibt es seit Beginn das Projekt „Gripsgymnastik“. Hier sind Menschen in Senioreneinrichtungen die beteiligte Zielgruppe. Angeboten werden Übungen, die die geistige Fitness der Senioren stärken. Zwischen diesen Polen „Jung und Alt“ liegen derzeit 23 unterschiedliche Projekte, die den Beteiligten neben dem Engagement für Andere persönliche Erfüllung bringen.
- MJ: Wie setzt die Bürgerstiftung ihre Themenschwerpunkte?
H-JG: Die Themenschwerpunkte, die innerhalb der Stiftungsziele ausgewählt werden, hängen sehr stark von der Orientierung und dem Herzblut der Menschen ab, die sich in der Bürgerstiftung engagieren.
Manchmal führen aber auch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen zu neuen Inhalten.
Ein solches Projekt ist bspw. „Offenes Aachen!“, das aus dem Bedürfnis einer immer größer werdenden Gruppe von Aachener Bürgerinnen und Bürgern erwachsen ist, ein Gegengewicht zu setzen zu den europaweit um sich greifenden rechtsnationalen Tendenzen.
Wir möchten erreichen, dass wir unsere demokratische Grundordnung als Basis unserer gesellschaftlichen Verbundenheit sehen und fühlen können. „Offenes Aachen!“ wird jetzt im 2. Jahr wiederum mit vielen engagierten Menschen und Kooperationspartnern durchgeführt und hat schon Veranstaltungstermine bis ins Jahr 2019 hinein.
Auch die Friedensarbeit ist vielen Menschen in der Bürgerstiftung ein großes Anliegen. Das „2. Internationale Friedenscamp Aachen“, das Jugendliche aus verschiedenen Ländern zusammenbringt, erfolgt in Kooperation mit Schülerinnen und Schülern Aachener Schulen, in diesem Jahr in enger Zusammenarbeit mit der Gesamtschule Brand. Wenn wir dauerhaft Frieden erreichen und erhalten wollen, müssen wir der Jugend ermöglichen, im internationalen Austausch eine persönliche Bedeutung für Frieden zu entwickeln und zu erfahren.
Das Projekt „Willkommen für Geflüchtete“, das wir seit 2016 durchführen, hat seinen Ursprung in unserer Friedensarbeit.
Menschen, die sich auf den langen Weg zu uns gemacht haben - meist aus Kriegsgebieten - haben
eine tiefe Sehnsucht nach Frieden. Dabei unterstützen wir diese Menschen auf dem Weg in unsere
Gesellschaft. Wir sind überzeugt, dass ihre Lebenserfahrung auch uns langfristig bereichern wird.
- MJ: Was sind Ihre persönlichen Wünsche für die Bürgerstiftung? Wo möchten Sie diese in 5 Jahren sehen?
H-JG: Mein persönlicher Wunsch für die Bürgerstiftung ist, dass im Rahmen unserer sehr breit gefassten Stiftungsziele viele neue und spannende Themen bürgerschaftlichen Engagements an uns herangetragen werden. Es sollte selbstverständlich sein, solche Themen über unsere Bürgerstiftung zum Leben zu erwecken. Das setzt auch finanzielles Engagement voraus. Wir wünschen uns, dass uns viele Firmen und auch vermögende Einzelpersonen durch Spenden und Stiftungen unterstützen, so dass unsere Aktivitäten ein solides finanzielles Fundament haben.
- MJ: Welche Bedeutung messen Sie dem bürgerschaftlichen Engagement in Zeiten wie diesen bei?
H-JG: Bürgerschaftliches Engagement sollte ein Kernelement unserer demokratischen Gesellschaft sein. Selbstverantwortung zu übernehmen, kann unsere Gesellschaft inspirieren und weiterentwickeln. Dem Boden dafür Nahrung zu geben, ist eine Kernaufgabe unserer Bürgerstiftung Lebensraum Aachen.
Und ja, gerade „in Zeiten wie diesen“ ist es wünschenswert, dass demokratisch orientierte und wohlwollende Menschen aufstehen und sich einbringen. Nur gemeinsam können wir eine liebens- und lebenswerte Gesellschaft erschaffen. Jeder dort, wo er steht. Wir tun dies für unseren Lebensraum Aachen.
- MJ: Was ist das Besondere an der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen?
Was sagen Sie Menschen, denen Sie begegnen? Warum sollten sie sich für ein Ehrenamt bei der Bürgerstiftung entscheiden oder Sponsor oder Stifter werden?
H-JG: Ich mache Menschen Mut, sich für ihr Thema oder Herzensanliegen tatsächlich auch zu engagieren. Ich denke, das Besondere an der Bürgerstiftung ist die enorme Spannbreite an Themen und die Fülle an Projekten und möglichen Aktivitäten, die über engagierte Menschen in der Bürgerstiftung verankert und gelebt werden können.
Aus eigener Erfahrung kann ich beschreiben, wie erfüllend es ist, unserer Gesellschaft neue Aktivitäten und Perspektiven zur Verfügung zu stellen. Die finanzielle Unterstützung hat das gleiche Gewicht wie die aktive Umsetzung eines Anliegens. Beides gehört zusammen. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass hierfür ein Bedürfnis besteht. Es ist bereichernd für alle Seiten.
Mit dieser Erfahrung laden wir auch Sie ein, aktiv zu werden. Wir freuen uns auf Sie!